Meine hier vorgelegte Bearbeitung der Gemeindechronik von Gemünd beruht auf dem Fund von zwei großformatigen, handbeschriebenen Kladden, die wahrscheinlich aus dem Nachlass des Gemünder Heimatforschers Tillmann Müller stammen und den Zeitraum von 1816 bis 1862 umfassen. Vorübergehend gelangten sie in die Hände meiner Kusine in Gemünd. Ich fotografierte im Herbst 2012 die Seiten der beiden Bücher an ihrem heimischen Esszimmertisch, um den Inhalt für uns beide - und auch jeden sonst geneigten Leser bzw. Leserin – zu erschließen.

Die erste funktions- und marktfähige Schreibmaschine erfand der Direktor eines dänischen Taubstummeninstitutes, Pastor Malling Hansen, im Jahre 1865. Bis zur weltweiten Verbreitung und damit auch dem selbstverständlichen Gebrauch in deutschen Amtsstuben sollte es aber noch mindestens bis zum Beginn 20. Jahrhunderts dauern.

Bis dahin wurden in den Amtsstuben Schriftstücke, wie die zugrunde liegende Chronik, handschriftlich in der Deutschen Kurrentschrift geführt, die uns Nachgeborenen, die wir seit 1941 an die Deutsche Normalschrift, seit 1953 an die lateinische Ausgangsschrift bzw. seit 1972 an die vereinfachte Ausgangsschrift gewöhnt sind, beim Entziffern gewisse Schwierigkeiten bereitet. Hinzu kommt, dass sich die Schreiber nicht an die „amtlichen“ Vorlagenmuster für die einzelnen Buchstaben hielten, sondern jeweils ihre individuelle Handschrift zu Papier brachten. So musste ich mich zunächst in den Schreibfluss des jeweiligen Schreibers „einlesen“. Dauerte das Entziffern der ersten Seite noch fast einen ganzen (Arbeits-) Tag, so gelang mir das Lesen schließlich beinahe so fließend, wie ich es von zeitgenössischen handschriftlichen Mitteilungen her gewohnt bin. Dennoch entzog sich eine Handvoll Wörter der Dechiffrierung. Diese sind im Fließtext mit (……….) kenntlich gemacht.

Der Grund für das Anlegen der Gemeindechronik erklärt sich auf den ersten beiden, gedruckten Seiten. Die im weiteren Verlauf geschilderten Ereignisse sind zum Teil banal, werfen aber ein Schlaglicht auf die Verhältnisse nach dem Abzug der Franzosen und das Bemühen der Preußischen Regierung, ihre nach dem Wiener Kongress von 1815 neugewonnenen Provinzen zu ordnen.

Manche Probleme, wie die z.B. die der Armenverwaltung, kommen uns auch heute nur allzu bekannt vor. Der Leser wird auch ein Missverhältnis zwischen den in dürren Worten geschilderten Todesumständen einer Dienstmagd und dem seitenlangen Jubel-Elaborat über das Dienstjubiläum des Landrats oder den Besuch des Kölner Erzbischofs bemerken. Dies ist dem Zeitgeist geschuldet, und sicherlich ist diese Chronik in dieser Hinsicht keine objektive Darstellung der Lebenswirklichkeit der Einwohner Gemünds.

In den Tabellen, die sich zwischen den handschriftlichen Nachrichten finden, sprechen jedoch Zahlen und erlauben einige Rückschlüsse auf die Lebensumstände zu damaligen Zeit. Bemerkenswert ist noch die im Laufe der Zeit sich auf dem Papier vollziehende Verwandlung von der Bürgermeisterei Gemünd in die Gemeinde Gemünd und später in die (Kreis-)Stadt Gemünd, ohne dass die Verleihung von Stadtrechten irgendwo erwähnt worden wäre.

Auf der letzten Seite dieser Ausarbeitung, die als 1. Band den Zeitraum von 1816 bis 1829 umfasst, habe ich kurz die beiden prominentesten Personen, die dem Leser begegnen, nämlich den Landrat von Syberg und den Kölner Erzbischof Spiegel zum Dedenberg, mit ihren Geburts- und Sterbedaten porträtiert. Die rückwärtige Umschlagseite ist mit einer Landkarte des Departement de la Roer bedruckt, dem die Mairie Gemünd im Arrondissement Aachen während der französischen Besatzungszeit angehörte.

Da ich die Seiten der Originale freihändig abfotografiert habe, ist der Blattschnitt dieser Ausarbeitung nicht immer genau plan mit den Seitenkanten des Buches. Das sollte die Freude an der Lektüre aber nicht trüben. Für die „Übersetzung“ der handschriftlichen Originalseiten habe ich eine schwungvolle Schriftart aus dem Baukasten von Microsoft Word gewählt, die gut lesbar ist, aber die Originalschrift in gewisser Weise nachahmt und auf jeweils sich gegenüberliegenden Seiten zeilentreu spiegelt. Die Schreibweisen, Orthografie und Interpunktion des Originals wurde beibehalten.

 

Die PDF Datei betrachtet man mit dem Adobe Reader am besten mit der Einstellung "Zwei Seiten", da sich dann die Originalschrift und die "Übersetzung" gegenüberliegen.