Die Pflasterung der Straßen und Gassen

Im Jahre 1820 bestand Flamersheim aus 130 Häusern und hatte 618 Einwohner, teils katholischer, teils evangelischer Konfession. Jede hatte ihre eigene Kirche. Außerdem gab es einige Tuchwebereien sowie eine Papiermühle.[1]

Persönliche Mobilität, so wie wir sie heute kennen und für selbstverständlich halten, war den meisten Bewohnern der Voreifel Anfang des 19. Jahrhunderts unbekannt. Ein eigenes Reitpferd konnten sich nur die wenigsten leisten.  Man legte die Mehrzahl der Strecken in der näheren und weiteren Umgebung „auf Schusters Rappen“, das heißt zu Fuß zurück. Auch der Transport von Gütern beschränkte sich weitgehend auf den lokalen Raum. Meist handelte es sich um Agrarprodukte wie Getreide, Mehl oder Kartoffeln.  Die Flamersheimer lebten als Ackerer, Knecht, Magd oder Tagelöhner. Die ansässigen  Handwerker produzierten überwiegend nur für den Bedarf des Dorfes und der näheren Umgebung. 

[1] J.A. Demian: Geograpisch –statistische Darstellung der deutschen Rheinlande, Verlag C.A. Stuhr, Berlin, 1826

Bei der Papiermühle handelte es sich sehr wahrscheinlich um die Lappermühle.

 

Darüber hinaus gab es Tuchfabrikation und einen bedeutenden Kornhandel, der sich über die Kantonsgrenzen bis in die Eifel, die stets an Kornmangel litt, erstreckte. Federführend war hier Anfang des 19. Jahrhunderts der Kaufmann Friedrich Arnold Fischer, der es zu großem Wohlstand brachte. Das prächtige Fachwerkhaus in der Horchheimer Straße 2, in welchem er wohnte und seine Geschäfte führte, legt noch heute ein beredtes Zeugnis davon ab. In den 1840er Jahren fungierte Fischer auch als Ortsvorsteher.

Die für den lokalen Transport wichtigen Dorfstraßen befanden sich jedoch in einem desolaten Zustand. Das Regenwasser wurde nur ungenügend abgeführt, und immer wieder wurden die Fahrbahnen mit Kies („Kirchheimer Kleinschlag“) ausgebessert und in „fahrbaren Zustande“ gehalten. In den Abzugsgräben, besonders entlang der Burgmauer, stand oft Wasser, das, vermischt mit den Exkrementen der Zugtiere zur Brutstätte von allerlei Ungeziefer wurde.

  Im August des Jahres 1822 visitierte der Kreisphysikus (heute etwa: Leiter des Kreisgesundheitsamtes) Dr. Kaufmann das Dorf Flamersheim und stellte dabei Mängel fest, die der „öffentlichen Reinlichkeit und Gesundheitspflege im Kreis Hohn sprechen“. Insbesondere monierte er in einem unter dem Datum vom 22.08.1822 verfassten Bericht an den Landrat des Kreises Rheinbach den Zustand der Straßen und der Abzugsgräben. Diese würden „höchst selten und oberflächlich von dem hierinnen treibenden Unrathe gereinigt“ und verbreiteten „namentlich an heißen Sommertagen einen abscheulichen Gestank“, der „die Luft verunreinige“. Einige Hausbesitzer würden die vor ihrem Grundstück liegenden Teil der Straße und Abzugsgräben regelmäßig reinigen, andere wiederum nicht, worüber diejenigen, die ihre Teilstücke in Ordnung hielten, Klage führten.

 Dr. Kaufmann schlug vor, „zur Abhilfe des fraglichen Übelstandes“ es jedweden Hausbesitzern gleichermaßen zur „unerlässlichen Pflicht“ gemacht werden sollte, „wöchentlich an mehreren allemal festzusetzenden Tagen und Stunden die strengste Reinlichkeit durch gehöriges Ausfegen des vor seiner Wohnung liegenden Theils des …Abzugsgrabens zu beobachten“.

Ob der Landrat dem Vorschlag des Kreisphysikus folgte, ist nicht überliefert.

Jedenfalls mündete der Bericht des Arztes am 30. November 1824 in einer landrätlichen Anordnung an den „Bürgermeister zu Cuchenheim“, die Gassen im Dorfe Flamersheim zu bepflastern und mit Entwässerungsrinnen zu versehen“. Er beauftragte den Bürgermeister mit der Einholung eines Kostenanschlages bei dem „Baukonducteur“  (heute: etwa Bauingenieur) Dürhoff. Bürgermeister Wohlmeiner ersuchte jenen am 13. Dezember 1824, den Kostenanschlag zu fertigen.

In seiner Sitzung vom 20. Dezember 1824 befasste sich der Gemeinderat mit der grundsätzlichen Frage, ob die anfallenden Sanierungskosten nur auf die Anlieger umgelegt werden sollten und kam zu dem Schluss, „dass die Bepflasterung der in der Gassen in der Gemeinde Flamersheim zur Erhaltung der Gesundheit und Reinlichkeit der Straßen vieler beiträgt, sondern auch wegen der vielen Fuhren, so diese Gemeinde passieren“ sowie der Beförderung des Wasserabflusses nicht nur den Anliegern („Anschießenden“), sondern der ganzen Gemeinde zum Vorteil gereichte, sollten die Kosten von der ganzen Gemeinde getragen werden. Denjenigen Hauseigentümern, die bereits auf eigene Kosten eine Sanierung vor ihren Grundstücken vorgenommen hatten, sollten die Kosten aus der Gemeindekasse ersetzt werden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Quelle:Stadtarchiv Eusirchen

 

 

Der Baucondukteur  Dürhoff legte mit Datum vom 2. März 1825 den obenstehenden Plan mit detaillierter Kostenrechnung vor:

 

1. Anschlag zur Anlegung der Rinnen

Die Münchstraße (heute: Mönchstraße), die Dorfstraße (heute: Teilstück der Horchheimer Straße von der Einmündung der Mönchstraße bis zur Einmündung der Pützgasse) und ein Teil der Münsterstraße (heute: Pützgasse) sollen beidseitig mit 3 Fuß (1 preußischer Fuß = 31,385 cm) breiten Rinnen versehen werden.

Zur Fahrbahnseite hin sollen die Rinnsteine auf  11/3  Fuß und auf der gegenüberliegenden Seite auf 1 Fuß als Stütze ausgeführt werden. Die Länge der anzulegenden Rinnen betrug insgesamt 153 Ruthen (ca. 566 m).

Die Rinne selbst sollte 8 Zoll (1 preußischer Zoll = 26,15 mm) breit angelegt werden. Als Baumaterial sollte Kalkstein im Bruch an der Haardt bei Kirchheim gebrochen und für die Stützen „scharfkantig“ auf 6 x 6 ½ Zoll zugehauen werden, mit Ausnahme der Steine für die Rinnen. Diese sollten auf 6 x 8 Zoll  behauen werden. Pro Quadratruthe Pflasterrinne wurden 7/12 Schachtruthen Steine benötigt, insgesamt 45 Schachtruthen Steine, die aus einer Entfernung von 700 Ruthen (ca. 2,6 Km, 1 preußische Ruthe = 3,766 m) „beizufahren“ waren. Dürhoff veranschlagte hierfür 97 Taler (T) 15 Silbergroschen (Sgr). Den Tagelohn für ein einspänniges Fuhrwerk setzte er mit 1 Taler an.

 

Das gängigste Transportmittel stellte zu jener Zeit und bis weit ins 20. Jahrhundert die einachsige zweirädrige rheinische Schlagkarre dar, die mit einem Pferd oder wahlweise auch mit einem Ochsen bespannt wurde.

(Foto: Wikipedia)

 Der Kippmechanismus der Schlagkarre ermöglichte es, das Ladegut an dem Ort, wo es benötigt wurde, abzukippen, und es ist davon auszugehen, dass solche Gespanne bei den Bauarbeiten zum Einsatz kamen. Allerdings mussten die abgekippten Steine wieder aufgesetzt werden. Für diese Arbeit setzte Dürhoff einen Betrag von 8T25Sgr an. Der benötigte Sand sollte in den Sandbänken des „Urbachs“ (heute: Orbach) gewonnen und gereinigt werden. Das Reinigen erfolgt mittels Wurfgitter. Sodann war der Sand über eine Entfernung von ebenfalls ca. 700 Ruthen anzufahren.

Die Sandbänke befanden sich im sogenannten „Schweinheimer Lach“ im Bachlauf zwischen Schweinheim und Ringsheim.

Damit die Rinnen angelegt werden konnten, waren Erdarbeiten erforderlich. Die durch den Aushub des Grundbettes gewonnene Erde sollte mittels Handkarren über eine Entfernung von 50 Ruthen (ca. 188 m) weggefahren werden. Steine der alten Rinne sollten dabei aussortiert und soweit sie noch verwendbar waren, in die neuen Rinnen wieder eingebaut werden. Insgesamt belief sich der Aushub auf 11,5 Schachtruthen (ca. 51 m³, zum Vergleich: Ein moderner dreiachsiger Muldenkipper fasst etwa 17 m³ Schüttgut.) Wohin der verbleibende Erdaushub letztlich verbracht wurde, ist unklar.

 Für einen gewöhnlichen Arbeiter setzte Dürhoff einen Tagelohn von 9 Sgr fest, ein Pflasterer kam auf 15 bis 20 Sgr.  Insgesamt belief sich der Kostenvoranschlag dieses Bauloses für Material, Arbeits- und Fuhrlohn sowie eines Zuschlags von 50 Talern für unvorhergesehene Arbeiten auf  737T 1Sgr 6Pf.  Durch die Übernahme von Hand- und Spanndiensten durch die Gemeinde konnte der Betrag auf 487 T 8Sgr 8Pf reduziert werden. 

 

Teilstück der Horchheimer Straße (2019)

2. Pflasterung eines Teiles der Münsterstraße

Während die anderen Hauptstraßen mit Rinnen versehen und mit Kies („Kirchheimer Kleinschlag“[1]) befestigt werden sollen,  befürwortet Dürhoff, den Teil der Münsterstraße vom „Ende der Dorfstraße bis zu ihrem südlichen Ende an der Brücke“ (heute: Horchheimer Straße von der Einmündung der Pützgasse bis zur ehemaligen Brücke über den Commer Bach, der heute, dort wo die Burgmauer einen Knick macht, in einem Rohr unter der Straße durchgeführt wird)zu pflastern und beidseitig mit  Abzugskanälen  „von zwei Fuß lichter Breite“ zu versehen.  Zur Erläuterung führt er an, dass dieser Straßenteil durch die Bebauung mit Häusern einerseits und die Begrenzung durch die Mauer des Kirchhofs und der Burgmauer andererseits „sehr enge“ sei. Außerdem sei die Fahrbahn immer wieder mit Kies aufgefüllt worden, um sie in „einem fahrbaren Zustande zu halten“, so dass die anstehenden Häuser sehr niedrig lägen und Rinnen den Zweck, die Straße trockenzulegen, nicht erfüllten. Die Abzugskanäle sollten mit Kirchheimer Bruchsteinen ausgekleidet und mit Holzbohlen abgedeckt werden. Dort, wo die Dorfstrasse auf die Münsterstraße (Heute: Ecke Pützgasse/Horchheimer Straße) trifft, sollten eiserne Senkkästen das Wasser aus den Rinnen aufnehmen und in die Kanäle leiten. Diese Stellen sollten mit eisernen Rosten abgedeckt werden. Die Kanäle selbst sollten in den Commer Bach entwässern.

Zur Pflasterung sollten „ 53 Schachtruthen[2]  (ca. 235 cbm)  Steine aus der Gegend des sogenannten Sürsschen Pfades“ aufgelesen und „regelmäßig behauen“ werden. Es handelte sich dabei um Basaltsteine. Die „weit näher liegenden Kalksteine aus dem Bruche auf der Haardt“ seien „wegen des starken Schleißes zur Pflasterung der Fahrbahn nicht anzuwenden“.

Basalt existiert seit etlichen Millionen von Jahren und ist vulkanischen Ursprungs. Durch die vulkanische Aktivität wird er aus dem Erdmantel an die Oberfläche transportiert. Die Vorteile von Basalt liegen in seiner hohen Robustheit und Dichte, was ihn zu den wetterbeständigsten Steinen der Natur macht. Basalt gilt als der Naturstein, der am meisten verbreitet ist - sei es an der Erdoberfläche oder auf dem Meeresgrund. Der Basalt wird aus dem Berg oder aus dem Meeresboden meist mit Bohrern und einzelnen Sprengungen gelöst. Danach werden die großen Brocken zerkleinert und in die gewünschte Form gebracht. Offenbar trat der Basalt an der von Dürhoff  bezeichneten Stelle lose zutage und musste nicht aus dem Untergrund gebrochen, sondern konnte einfach aufgesammelt werden. Anschließend mussten das Material über die Distanz von 2000 Ruten (1 preußische Meile oder 7,532 Km) zur Baustelle transportiert werden.

[1] Die Einwohner von Kirchheim wurden bis in die heutige Zeit mit dem Spitznamen „Kiesklöpper“ bezeichnet.

[2] 1 Schachtruthe ( Bauwesen ) = 144 preuß. Kubikfuß = 4,4518815 franz. Steren = 4,4518815 Kubikmeter (cbm / m³) = 44,518815 Quadratmeter (m²)

Kartengrundlage: Uraufnahme 1836-1851, Quelle: Geoportal NRW

 

Wo genau sich die Fundstelle des Basaltmaterials befand, konnte ich anhand der vagen Ortsbeschreibung („In der Gegend des Sürrschen Pfades.“) nur annähernd rekonstruieren. Auch eine Wanderung vor Ort brachte diesbezüglich keine belastbaren Erkenntnisse. Möglicherweise lag sie am 376 Meter hohen Hochkopf – einem Ausläufer des Ahrgebirges - zwischen Loch und Sürst. Von der Entfernung her könnte es zutreffen, der geologische Dienst des Landes NRW weist für dieses Gebiet allerdings kein nennenswertes Basaltvorkommen aus. Wahrscheinlich ist das Vorkommen im Verlauf von mittlerweile zwei Jahrhunderten mit Vegetation überwachsen.

Für das Sammeln des Materials veranschlagte Dürhoff 20 Silbergroschen (Sgr) pro Schachtruthe = 35T10Sgr, für das Behauen auf das Maß von 6 x 6,5 Zoll 1 Taler pro Schachtruthe = 53 Taler.  Der Transport fiel am meisten ins Gewicht. Pro Schachtruthe veranschlagte er 5T13 Sgr = 287T29Sgr. Für das Aufsetzen der Steine kamen noch einmal 5 Sgr pro Schachtruthe = 8T25Sgr dazu.

45 Schachtruthen Sand sollten aus dem „Urbach“ (Orbach) gewonnen, gereinigt und über eine Entfernung von 700 Ruthen (ca. 2,6 Km) anschließend zur Baustelle gefahren werden. Neben den Kosten für das Material in Höhe von 22T15Sgr schlugen auch hier die Transportkosten mit 97T15Sgr am höchsten zu Buche. Die zu pflasternde Fläche erstreckt sich in der Länge auf 52 Ruten (ca. 195,32 m) und in der Breite auf 21 Fuß (ca. 8,28 m). Die beidseitigen Abzugskanäle haben jeweils die gleiche Länge.  

Grundriss und Profil eines Abzugskanals                                                                                  Quelle: Stadtarchiv Euskirchen

Anlage der Abzugskanäle entlang des gepflasterten Teils der Münsterstraße

Auf  jeder Straßenseite sollen Fundamentgräben ausgehoben werden, um die Kanäle mit den Inhalten von 1,5 Fuß Breite und  2,5 Fuß Höhe einbauen zu können. Die Kanäle selbst sollen mit Kirchheimer Bruchsteinen ausgekleidet werden. Für den Mörtel veranschlagte Dürhoff 7 ½ Berliner Scheffel[1] Kalk, der im Iversheimer Kalkofen anzukaufen war. Der Preis betrug 7 Sgr pro Scheffel, für den Transport fielen noch einmal 20 Sgr an.

Der Sand wurde wiederum in den Kiesbänken des „Urbachs“ gewonnen und gereinigt. Die Mauerkronen der Kanäle wurden als Widerlager für eichene Balken, „scharfkantig und splintfrei“ von je 28 Fuß Länge ausgeführt, die die Abdeckung aus 4zölligen und 3 Fuß breiten Holzbohlen aufnehmen sollten. Zum Aufnageln der jeweils beiden äußeren Bohlen sollte der Nagelschmied acht 8 Zoll lange Nägel anfertigen.  Die restlichen Bohlen wurden zwischen diesen abnehmbar aufgelegt.  

Für den Ausbau der beiden Stellen, wo die Rinnen in die Kanäle mündeten, veranschlagte Dürhoff für das benötigte Material zum Herstellen der Abdeckroste einschließlich der Rahmen und Angeln 157 Kubikzoll an Eisen, welches angekauft und bearbeitet werden sollte.

[1] Ein Scheffel war bis 1872 deutsches Hohlmaß für schüttbare feste Körper. Es gab regionale Varianten. Ein Berliner Scheffel hatte einen Rauminhalt von 54,91 Litern.

 3. Die Finanzierung

Als Planungskosten berechnete machte Dürhoff einen Betrag von 12T 27Sgr 5 Pf geltend, für den Bauaufseher Neuburg, der ihm bei den Vermessungen vor Ort zur Hand gegangen war, fielen 3T 15Sgr an. Nachdem der Dürhoffs Kostenanschlag am 19. November 1825 vom Landratsamt geprüft und für richtig befunden worden war, wurden die Beträge am 10. Dezember 1825 von Bürgermeister Wohlmeiner zur Zahlung angewiesen.

In seiner Sitzung vom 29. Dezember 1825 beriet der Gemeinderat in Weidesheim, dem Wohnsitz von Bürgermeister Wohlmeiner, über das Bauvorhaben mit dem Ergebnis, dass er sich außerstande sah, die veranschlagte Summe von Höhe von 1615T 15Sgr 10Pf aus der Gemeindekasse aufzubringen, da die Gemeinde „durch Beiträge zur Tilgung ihrer Schulden, dem Neubau eines Vikariehauses und den laufenden Ausgaben“ so „belästigt“ sei, dass „wohl wenig zu anderen Zwecken beigenommen werden“ könnte.

Nichtsdestotrotz erkannte der Gemeinderat die Durchführung der Arbeiten als dringend notwendig an, und da „die Mehrheit der Einwohner dafür gestimmt sind, die dazu erforderlichen Beiträge zu leisten, wenn der Gemeinde höheren Orts bewilligt würde, diese Rinnen und Kanäle so wenig kostspielig wie möglich herzustellen.“ Dürhoff hatte in seinem Anschlag ausdrücklich die Möglichkeit vorgesehen, die Kosten durch die von der Gemeinde zu leistenden Hand- und Spanndienste zu reduzieren. 

Das Material zur Pflasterung eines Teils der Münsterstraße wollte die Gemeinde in eigener Regie bereitstellen, ebenso eine ausreichende Zahl an Handlangern, so dass nur die Kosten für das fachgerechte Verlegen des Pflasters anfielen.

Im Protokoll der Gemeindratssitzung stellte der Gemeinderat den Antrag an die „hochlöbliche königliche Regierung“ den Antrag, ihr zu genehmigen, dass „sämtliche Fuhren und Handlangerdienste von den Einwohnern unentgeltlich zu leisten seien und die darauf in Geld angeschlagenen Anteile“ auf die Kosten anrechnen zu dürfen. Am Ende des Protokolls findet sich mit Datum vom 10 Januar 1826 der lapidare Vermerk „Gesehen und genehmigt“ der Bezirksregierung zu Cöln.

Wann nun mit den Arbeiten begonnen und wann sie beendet wurden, konnte ich nicht eruieren. Ich gehe allerdings davon aus, dass sie sich über einen längeren Zeitraum hinzogen, weil die Hand- und Spanndienste organisiert werden mussten und das dafür notwendige Personal sowie die Fuhrwerke nicht immer zur Verfügung standen, weil sie im bäuerlichen Jahreskreis für andere Arbeiten benötigt wurden. Die Bauzeit scheint sich jedenfalls über mehrere Jahren hingezogen haben.

Im Stadtarchiv Euskirchen fand ich eine „Verteilungs-Rolle über die Beifuhrkosten für Sand und Steine zur Bepflasterung der Gassen in der Gemeinde Flamersheim pro 1832“ vor. Darin sind die erbrachten Fuhrleistungen wie folgt verzeichnet:

 

495 Schachtruthen an Sand aus dem Schweinheimer Lach sowie Steine

aus Kirchheim, insgesamt 990 Schachtruthen                                            330 T

 für das Anfertigen eines Kastens von 1 Schachtruthe Inhalt

(zur Mengenbemessung des angelieferten Materials)                                    2 T

 für unvorhergesehene Ausgaben                                                                  10 T

 für…………..                                                                                               11 T 11 Sgr 1 Pf

Summa                                                                                                      352 T 11 Sgr 1 Pf

 

Aufgrund einer Verabredung in der Gemeinde sollte die steuerpflichtigen Einwohner mit einem Viertel dieser Summe belastet werden, also mit 88 T 1 Sgr 3 Pf. Die Beifuhrkosten für die Basaltsteine vom „Sürscher Pfad“ sind nicht aufgeführt.

Ausriss aus der Verteilungsrolle                                                                                                      Quelle: Stadtarchiv Euskirchen

Entsprechend ihrer Steuerlast wurde dieser Betrag mithilfe der „Vertheilungs-Rolle“ nun auf die Einwohner umgelegt. Beitragspflichtig waren aber nicht nur die Einwohner von Flamersheim, sondern auch die von Kirchheim, Odendorf, Palmersheim, Niederkastenholz, Schweinheim, Esch, Loch, Houverath, Wald, Sinzenich und weiteren Orten, soweit sie über Grundbesitz in Flamersheim verfügten.  

Die Grund- und Klassensteuern in der Gemeinde Flamersheim beliefen sich pro 1832 auf 3028 T 11 Sgr 5 Pf. Die Klassensteuer war eine in Preußen 1820 eingeführte Besteuerung nach der Zugehörigkeit zu einem Stand oder einer Gesellschaftsklasse. Die Steuer unterschied fünf Klassen: 1. reiche, 2. und 3. wohlhabende Einwohner, 4. Bürger und Bauern, 5. Lohnarbeiter und Tagelöhner. Im Gegensatz zur primitiven Kopfsteuer berücksichtigte die Klassensteuer die Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen. Auf ihr aufbauend wurde in Deutschland die moderne Einkommensteuer entwickelt.  Die Grundsteuer zielt hingegen auf den Ertrag, der aus dem Grund und Boden gewonnen wird. Sie gehört zu den ältesten Formen der direkten Besteuerung.